Anmeldung und Zulassung zur Anwaltsprüfung

Auf dieser Seite finden Sie Informationen und häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Zulassung und Anmeldung zur Anwaltsprüfung im Kanton Bern sowie Angaben zu den Kosten.

Anmeldung

Um sich für die Anwaltsprüfung anzumelden, müssen Sie das folgende Anmeldeformular und die aufgeführten Unterlagen im Original fristgerecht per Post bei der Anwaltsprüfungskommission des Kantons Bern einreichen. Unvollständige oder ausserhalb der Anmeldefristen eingereichte Anmeldungen werden zurückgewiesen.

Anmeldungsunterlagen:

Ausgefülltes Formular «Anmeldung Anwaltsprüfung»
Hochschuldiplom für den Master- oder Lizenziatsabschluss in Rechtswissenschaften
Hochschuldiplom für den Bachelorabschluss
Praktikumsbestätigungen mit Angaben zu Präsenzzeiten (Beschäftigungsgrad) und Unterbrechungen (Art. 6 APV) sowie eine allfällige Bewilligung zur praktischen Ausbildung in einem anderen Kanton oder bei der Bundesverwaltung (Art. 4 Abs. 3 APV)
Bestätigung des Besuchs von Lehrveranstaltungen über Rechtsmedizin, gerichtliche Psychiatrie, Kriminologie und Anwaltsrecht an einer Universität sowie eine Kopie der Immatrikulationsbestätigung oder der gültigen Unicard desjenigen Semesters, in welchem die Vorlesung besucht worden ist. Der Besuchsnachweis kann zum Beispiel mit dem Formular «Besuchsnachweis Lehrveranstaltungen» der Universität Bern oder einem Testatheft erbracht werden. Wurde in einem der erwähnten Fächer im Bachelor- oder Masterstudium eine Prüfung absolviert, so genügt das entsprechende Notenblatt als Bestätigung
Bestätigung des Besuchs eines Buchhaltungskurses
Kopie des Passes oder der Identitätskarte

Wenn Sie den schriftlichen oder mündlichen Teil der Anwaltsprüfung nicht bestanden haben, müssen Sie sich für die Wiederholung des betroffenen Teils mit dem Formular «Anmeldung Wiederholung Anwaltsprüfung» anmelden. Die Wiederholung des mündlichen Teils muss in der nächsten Prüfungssession erfolgen.

Formulare:

Hier finden Sie die Termine und die Anmeldefristen für die Anwaltsprüfungen.

Bis zum Antritt der Prüfung können Sie die Anmeldung unter Kostenfolge (CHF 100.00 bis 200.00) per E-Mail beim Sekretariat der Anwaltsprüfungskommission zurückziehen. Nach Antritt der Prüfung gilt der ohne zwingende Gründe erfolgte Rückzug als Nichtbestehen.

Zulassung

Damit Sie zur Anwaltsprüfung im Kanton Bern zugelassen werden, müssen Sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

juristisches Lizenziat oder Masterdiplom einer schweizerischen Hochschule oder gleichwertiges juristisches Hochschuldiplom eines Staates, mit dem die Schweiz die gegenseitige Anerkennung vereinbart hat
praktische Ausbildung von mindestens 18 Monaten
Besuch von Lehrveranstaltungen über Rechtsmedizin, gerichtliche Psychiatrie, Kriminologie und Anwaltsrecht an einer Universität sowie eines Buchhaltungskurses

Anerkennung ausländischer Studienabschlüsse

Praktische Ausbildung (Praktika)

Die praktische Ausbildung muss grundsätzlich im Kanton Bern erfolgen und dauert mindestens 18 Monate (Art. 5 Abs. 1 APV). Sie setzt sich zusammen aus:

Mindestens neun Monate Anwaltspraktikum (vgl. Ziff. 6)
Mindestens drei Monate Gerichtspraktikum (vgl. Ziff. 7)
Übrige mindestens sechs Monate nach freier Wahl als Anwalts-, Gerichts- oder als Verwaltungspraktikum (vgl. zum Verwaltungspraktikum Ziff. 8)

Sind Sie im Besitz des bernischen Notariatspatents müssen Sie nur eine verkürzte praktische Ausbildung von zwölf Monaten absolvieren (vgl. Ziff. 13).

Die Praktikumsstelle soll sich von einer gewöhnlichen Anstellung durch drei Elemente unterscheiden:

Die Praktikumsstelle soll von Anfang an zeitlich befristet sein.
Die Anstellung soll Ausbildungscharakter haben.
Die Praktikantinnen und Praktikanten werden ständig durch eine juristisch geschulte Person mit einem Master- oder Lizenziatsabschluss betreut, beim Praktikum in einem Anwaltsbüro durch eine Person mit Anwaltspatent. Diese Personen sollen die Praktikantinnen und Praktikanten systematisch in die Arbeit einführen, sie begleiten und ihnen regelmässig Rückmeldungen geben.

Wesentlich ist zudem, dass die Praktikumsstelle im Anstellungsvertrag von Anfang an als solche deklariert wird.

Praktische Ausbildung im Kanton Bern (Art. 4 Abs. 2 APV)

Wenn Sie die praktische Ausbildung im Kanton Bern absolvieren, rechnet die Anwaltsprüfungskommission diese in der Regel ohne spezielle Bewilligung an die Praktikumszeit an. Informationen zu den möglichen Praktikumsorten finden Sie nachfolgend in den Ziffern 6-8 betreffend Anwalts-, Gerichts- und Verwaltungspraktika. Eine Bewilligung für die Anrechnung müssen Sie einholen, wenn Sie das Praktikum mit einer reduzierten Präsenzzeit machen (vgl. Ziff. 9).

Praktische Ausbildung in einem anderen Kanton oder beim Bund (Art. 4 Abs. 3 APV)

Wenn Sie ein Praktikum bei einem ausserkantonalen Anwaltsbüro, einem ausserkantonalen Gericht, einer ausserkantonalen Staatsanwaltschaft oder einem Rechtsdienst der Bundesverwaltung oder eines anderen Kantons anrechnen lassen wollen, müssen Sie vor Antritt der Praktikumsstelle eine Bewilligung einholen. Dazu müssen Sie vor Stellenantritt per Post ein begründetes und unterzeichnetes Gesuch an die Präsidentin oder den Präsidenten der Anwaltsprüfungskommission stellen. Eine nachträgliche Bewilligung für bereits absolvierte (ausserkantonale) Praktika ist nicht vorgesehen.

An die gesamte Praktikumszeit von 18 Monaten können von einer solchen Praktikumsstelle höchstens sechs Monate angerechnet werden. Die sechs Monate beziehen sich auf die ganze Praktikumsdauer und nicht auf einzelne Praktikumsteile.

Aus den Gesuchsunterlagen sollte die Art der geplanten Tätigkeit, der Beschäftigungsgrad sowie die Sicherstellung der notwendigen Betreuung im Sinne der Anwaltsausbildung hervorgehen. Es ist deshalb empfehlenswert, dass Sie den Arbeitsvertrag und gegebenenfalls eine Stellenbeschreibung einreichen.

Ein Anwaltspraktikum muss in einem Anwaltsbüro absolviert werden.

Anwaltspraktikum im Kanton Bern

Wenn Sie das Praktikum in einem Anwaltsbüro im Kanton Bern absolvieren, ist dafür in der Regel keine spezielle Bewilligung von der Anwaltsprüfungskommission erforderlich. Eine Bewilligung für die Anrechnung müssen Sie einholen, wenn Sie das Praktikum mit einer reduzierten Präsenzzeit machen (vgl. Ziff. 9).

Anwaltspraktikum in einem anderen Kanton

Wenn Sie das Praktikum in einem ausserkantonalen Anwaltsbüro machen und dieses anrechnen lassen wollen, müssen Sie vor Antritt der Praktikumsstelle eine Bewilligung einholen. Sind die übrigen Voraussetzungen der APV erfüllt, wird die Bewilligung regelmässig erteilt (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen der APV Ziff. 5).

Ein Gerichtspraktikum gemäss Art. 5 Abs. 2 bzw. 3 APV kann an einem der folgenden Orte absolviert werden:

Gerichtsbehörde nach Art. 2 GSOG mit Ausnahme der Kommissionen gemäss Abs. 3 Bst. e-g (vgl. Art. 5 Abs. 4 APV)
Staatsanwaltschaft nach Art. 3 GSOG
Regierungsstatthalteramt
Rechtsamt oder Rechtsdienst einer Direktion oder der Staatskanzlei, wenn die betroffene Behörde mit Verwaltungsjustizaufgaben befasst ist (vgl. Art. 2 Abs. 3 VRPG)

Wenn Sie ein Praktikum bei einer Behörde eines anderen Kantons oder des Bundes machen und dieses anrechnen lassen wollen, müssen Sie vor Antritt der Praktikumsstelle eine Bewilligung einholen (vgl. Ziff. 5).

Beispiele:

Praktikum am Bezirksgericht Sensebezirk des Kantons Freiburg: ausserkantonales Gerichtspraktikum, Bewilligung erforderlich
Praktikum bei der Bundesanwaltschaft: Gerichtspraktikum bei einer Bundesstelle, Bewilligung erforderlich
Praktikum am Bundesverwaltungsgericht: Gerichtspraktikum bei einer Bundesstelle, Bewilligung erforderlich
Praktikum am Regionalgericht Bern-Mittelland: Gerichtspraktikum im Kanton Bern, keine Bewilligung erforderlich
Steuerrekurskommission des Kantons Bern: Gerichtspraktikum im Kanton Bern, keine Bewilligung erforderlich

Nicht als Gerichtspraktikum, sondern als Verwaltungspraktikum angerechnet werden beispielsweise folgende Praktika:

Kantonale Steuerverwaltung, Abteilung Recht und Koordination
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB)

Als Verwaltungspraktikum gilt ein Praktikum bei einem Rechtsamt oder Rechtsdienst der Kantonsverwaltung, welches nicht als Gerichtspraktikum angerechnet wird (vgl. Ziff. 7), sowie ein Praktikum bei einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB).

Praktikum in der Verwaltung des Kantons Bern

Wenn Sie das Praktikum in der Verwaltung des Kantons Bern absolvieren, ist dafür in der Regel keine spezielle Bewilligung von der Anwaltsprüfungskommission erforderlich. Eine Bewilligung für die Anrechnung müssen Sie einholen, wenn Sie das Praktikum mit einer reduzierten Präsenzzeit machen (vgl. Ziff. 9).

Verwaltungspraktikum in einem anderen Kanton oder beim Bund

Wenn Sie das Praktikum in der Verwaltung eines anderen Kantons oder des Bundes machen und dieses anrechnen lassen wollen, müssen Sie vor Antritt der Praktikumsstelle eine Bewilligung einholen. Sind die übrigen Voraussetzungen der APV erfüllt, wird die Bewilligung regelmässig erteilt (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen der APV Ziff. 5).

Beispiele für Orte, an denen jeweils im Rechtsdienst grundsätzlich ein Verwaltungspraktikum absolviert werden kann:

Bundesamt für Energie
Bundesamt für Justiz
Bundesamt für Umwelt
Bundesamt für Zivilluftfahrt
Eidgenössische Finanzmarktaufsicht
Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum
Eidgenössische Steuerverwaltung
Eidgenössische Wettbewerbskommission
Staatssekretariat für Migration (vormals Bundesamt für Migration)

Praktika an Orten, welche unter keinen der in Art. 4 Abs. 2 APV erwähnten Orte subsumiert werden können, können nicht angerechnet werden. Dies betrifft zum Beispiel Praktika bei Banken oder Versicherungen.

Gemäss Art. 6 Abs. 1 APV werden Praktika voll angerechnet, wenn die Präsenzzeit am Arbeitsort mindestens 32 Wochenstunden beträgt, was etwa einem Beschäftigungsgrad von 80% entspricht. Der Besuch von Vorlesungen wird dabei nicht angerechnet. Deshalb stellen die Gerichte im Kanton Bern die Praktikantinnen und Praktikanten auf eigenen Wunsch mit einem Beschäftigungsgrad von lediglich 80% oder 90% an, um den Besuch von Vorlesungen und Kolloquien ausserhalb der Arbeitszeit zu ermöglichen.

Wenn Sie ein Praktikum anrechnen lassen wollen, bei welchem Ihre Präsenzzeit weniger als 32 Wochenstunden beträgt, müssen Sie eine Bewilligung einholen und verlängert sich die zu absolvierende Praktikumsdauer entsprechend (Art. 6 Abs. 1 APV). Dazu müssen Sie per Post ein unterzeichnetes Gesuch an die Präsidentin oder den Präsidenten der Anwaltsprüfungskommission stellen, in welchem Sie den Grund für die reduzierte Präsenzzeit am Praktikumsort und den reduzierten Beschäftigungsgrad angeben. Eine Bewilligung ist nur möglich, wenn ein «besonderer Fall» im Sinne von Art. 6 Abs. 1 APV vorliegt.

Während der gesamten Praktikumsdauer von 18 Monaten sind gemäss Art. 6 Abs. 2 APV insgesamt acht Wochen Unterbrechungen oder Abwesenheit wegen Schwangerschaft, Militär, Ferien, Krankheit oder anderen Gründen erlaubt. Dabei handelt es sich um acht Arbeitswochen bzw. 40 Arbeitstage. Übersteigen die Abwesenheiten diese erlaubte Zeit, so muss das Praktikum mindestens um die Dauer der zusätzlichen Abwesenheit verlängert werden.

Beispiele:

18 Monate Praktikum mit 8 Arbeitswochen Abwesenheiten: unproblematisch
21 Monate Praktikum mit 11 Arbeitswochen Abwesenheiten: unproblematisch
Bei 9 Arbeitswochen Abwesenheit beträgt die zu absolvierende Praktikumsdauer mindestens 18 Monate und 1 Woche.

Sie können Unterbrechungen oder Abwesenheiten nicht mit einem höheren Pensum (z.B. 100% statt der geforderten 32 Wochenstunden Präsenzzeit) kompensieren.

Betroffen sind einzig Unterbrechungen bzw. Abwesenheiten während den einzelnen Praktikumsteilen. Irrelevant sind somit allfällige Unterbrechungen zwischen den einzelnen Praktikumsteilen (z.B. zwei Monate Pause zwischen einem einjährigen Anwaltspraktikum und einem sechsmonatigen Gerichtspraktikum).

In der Praktikumsbestätigung ist die tatsächliche Abwesenheit anzugeben. Nicht zwingend erforderlich ist die Angabe des Grundes der Unterbrechung oder der Abwesenheit. Waren Sie während eines Praktikums nie abwesend oder gab es keine Unterbrechung, ist ein entsprechender Vermerk anzubringen.

Beispiele für korrekte Angaben:

Abwesenheit: 4 Wochen, 2 Tage
Abwesenheit 13 Tage
Abwesenheit 0 Tage
Keine Abwesenheiten

Ein pauschaler Hinweis, wonach zum Beispiel die Voraussetzungen von Art. 6 APV erfüllt sind oder nicht mehr als die gesetzlich erlaubten Abwesenheiten bezogen wurden, ist nicht ausreichend. Praktikumsbestätigungen mit solchen Hinweisen werden zur Verbesserung zurückgewiesen.

Damit die Anwaltsprüfungskommission die Einhaltung der Voraussetzung von Art. 6 Abs. 2 APV überprüfen kann, müssen die Abwesenheiten auf sämtlichen Praktikumsbestätigungen vermerkt sein. Nicht erforderlich ist die Angabe von Unterbrechungen oder Abwesenheiten bei Praktikumsbestätigungen, welche vor 2007 ausgestellt wurden, da die Bestätigung damals noch nicht vorgeschrieben war.

Wenn Sie das bernische Notariatspatent besitzen, müssen Sie nur eine verkürzte praktische Ausbildung von zwölf Monaten absolvieren. Sie setzt sich zusammen aus:

Mindestens neun Monate Anwaltspraktikum (vgl. Ziff. 6)
Mindestens drei Monate Gerichtspraktikum (vgl. Ziff. 7)

Während der Praktikumsdauer dürfen Sie im Rahmen der vorgeschriebenen minimalen Präsenzzeit keine Notariatstätigkeit ausüben (Art. 9 APV).

Wenn Sie mit einem Studienabschluss (Bachelor, Master oder Lizenziat) eine juristische Berufstätigkeit an einem der zugelassenen Praktikumsorte ausgeübt haben, ist unter gewissen Voraussetzungen eine anteilmässige Anrechnung an das Praktikum von maximal sechs Monaten möglich.

Das entsprechende Gesuch müssen Sie schriftlich und unterzeichnet per Post bei der Präsidentin oder beim Präsidenten der Anwaltsprüfungskommission stellen. Massgebend für den Entscheid, ob eine Anrechnung erfolgen kann, ist zum einen, ob die Berufstätigkeit das gleiche qualitative Niveau aufweist wie eine Praktikumsstelle. Zum anderen ist die zeitliche Komponente von Bedeutung. Die Anrechnung juristischer Berufstätigkeiten gemäss Art. 8 APV ist auf langandauernde juristische Berufstätigkeiten ausgerichtet. Nach langjähriger konstanter Praxis der Anwaltsprüfungskommission kommt deshalb eine Anrechnung nur anteilsmässig und ausschliesslich bei längerfristiger Tätigkeit in Frage. Gefordert wird eine Mindesttätigkeit von zwei Jahren mit einem Beschäftigungsgrad von 100%, welche zu einer Anrechnung von einem Monat Praktikumsdauer führt (vgl. auch Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern Nr. 100.2017.229, bestätigt durch BGer 2C_537/2108).

Vorlesungen/Lehrveranstaltungen und Immatrikulation

Nein, sofern die Vorlesungen von anderen Universitäten gleichwertig sind, können diese angerechnet werden.

Beispiele für mögliche anrechenbare Lehrveranstaltungen finden Sie in den folgenden Ziffern.

Im Zweifelsfall können Sie bei der Anwaltsprüfungskommission per E-Mail unter Angabe des Inhalts und der Dauer der Vorlesung nachfragen, ob eine Vorlesung oder Lehrveranstaltung angerechnet wird.