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Unentgeltliche Rechtspflege im Zivilverfahren

Auf dieser Seite finden Sie Informationen dazu, wann und wie Sie einen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege geltend machen können.

Voraussetzungen

Eine Partei hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt (Mittellosigkeit) und ihr Rechtsbegehren zudem nicht offensichtlich aussichtslos erscheint:

  • Mittellos ist, wer nach Abzug der Lebenshaltungskosten nicht in der Lage ist, die Verfahrenskosten aus dem eigenen Einkommen oder Vermögen zu bezahlen. Bei der Bemessung der Lebenshaltungskosten wird vom betreibungsrechtlichen Existenzminimum ausgegangen.

  • Ein Rechtsbegehren ist offensichtlich aussichtlos, wenn die Chancen, dass es gutgeheissen wird, viel kleiner sind als die Chancen, dass das Rechtsbegehren abgewiesen wird. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen oder davon absehen würde.

Wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse es rechtfertigen, kann eine Partei zudem eine unentgeltliche Rechtsbeiständin oder einen unentgeltlichen Rechtsbeistand beantragen. Das ist insbesondere bei komplexen Sachverhalten und schwierigen Rechtsfragen der Fall oder wenn die Gegenseite anwaltlich vertreten ist. Diese unentgeltlichen Rechtsbeiständinnen und Rechtsbeistände werden auch amtlich bestellte Anwältinnen und Anwälte genannt. Der Kanton Bern bezahlt diesen einen Stundenansatz von CHF 200.00. 

Sind die Voraussetzungen für die unentgeltliche Rechtspflege erfüllt, muss die Partei keinen Kostenvorschuss leisten und sie wird vorläufig unter anderem von der Bezahlung der Gerichtsgebühren sowie den eigenen Anwaltskosten befreit.

Ist die Partei innerhalb von zehn Jahren finanziell dazu in der Lage, ist sie zur Rückzahlung der vom Staat vorgeschossenen Kosten verpflichtet. Einzelheiten zur Entschädigung der amtlich bestellten Anwältinnen und Anwälte regelt das Kreisschreiben Nr. 15 des Obergerichts des Kantons Bern.

Kreisschreiben Nr. 1 «Ermittlung und Nachweis der Prozessarmut»

Kreisschreiben Nr. B1 «Richtlinien über die Berechnung des Existenzminimums»

Kreisschreiben Nr. 15 «Entschädigung der amtlich bestellten Anwältinnen und Anwälte und Nachforderungsrecht»

Gesuch einreichen

Ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist schriftlich beim zuständigen Gericht einzureichen. Im Gesuch müssen Sie umfassend Auskunft über Ihre finanziellen Verhältnisse geben, insbesondere zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen sämtlicher im gleichen Haushalt lebender Personen und den Lebenshaltungskosten. Sie müssen die Angaben zu den finanziellen Verhältnissen durch geeignete Beweismittel belegen (z.B. Kontoauszüge, Lohnausweise bzw. -abrechnungen, Steuererklärung, Steuerveranlagung, Krankenkassen-Police, Mietvertrag, Nachweis über geleistete Unterhaltsbeiträge, Sozialhilfebudget).

Auf der Website des Bundesamts für Justiz finden Sie Musterformulare für das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.

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